Ein neues Ich: Selbstversuch mit Dispenza
Ein neues Ich – ein Selbstversuch
Selbstversuch: Ein neues Ich ? Wozu das ?
„Vom Quantenfeld hast Du schon gehört?“, fragt mich meine Supervisorin, und ich runzle die Stirn. „Ja schon,“ sage ich, und das wird der Beginn meines aktuellen Selbstversuchs. Was hat Quantenphysik mit Lebenssinn und Selbstentwicklung zu tun? Neugierig geworden, hole ich mir das empfohlene Buch von Joe Dispenza: Ein neues Ich. Es verspricht mir: „Wie Sie Ihre gewohnte Persönlichkeit in vier Wochen wandeln können“. Ok!? Will ich das überhaupt?
Egal. Es liest sich gut, ich habe es mir vorgenommen und schaffe es in den Weihnachtstagen durchzulesen. Viele Spickzettel kleben nun in den Seiten. Sie warten auf die Umsetzung. Denn was Diszpenza an manchen Stellen ausführt, darin erkenne ich mich wieder, und es gefällt mir gar nicht so.
Ernüchternde Erkenntnisse über das Versacken in Routinen
Ich halte viel von den aktuellen Erkenntnissen der Hirnforschung und Neurowissenschaften. Dispenza kennt sich darin aus. Er beschreibt, was im Gehirn passiert, wenn ich meinen Alltag, mein vertrautes Leben lebe. Das Gehirn merkt sich meine Umwelt und wie ich auf sie reagiere. Tue ich das immer in der gleichen Weise, merkt es sich auch das. So spielen sich bestimmte Reaktionsweisen so sehr ein, dass sie quasi automatisch ablaufen. Mein inneres neuronales Netzwerk weiß dann schon, wie ich mich fühlen werde, was ich sagen werde, was ich vermutlich denken werde. Es verankert mich fest in den Gewohnheiten, die es abspult. Ich lebe aus den Erinnerungen und Erfahrungen, und meine Erwartungen speisen sich aus dem, was mir vertraut ist – was soll schon anderes kommen? Ein selbstgebautes Hamsterrad!
Und so wird mein Geist, werden meine Reaktionsweisen und wird mein Leben eigentlich immer beschränkter. Denn wenn mein Denken auf die leere Hälfte des Glases gepolt ist, werde ich nur noch die leere Hälfte sehen und auch nicht mehr erwarten, dass mal ein volles Glas auftaucht. Oder, wenn das geschieht, werde ich denken – hier läuft was falsch, warum ist das Glas so voll? Und weil ich nicht nach vollen Gläsern Ausschau halte, sie nicht herbeisehne und mir gar nicht vorstellen kann, was ich damit dann tun soll, deswegen werden sie auch nicht auftauchen. Denn hier schlägt das Gesetz des Quantenfeldes zu.
Das Gesetz des Quantenfeldes: Worauf sich Aufmerksamkeit, Absicht und Emotion richten, das wird sich zeigen!
Dispenza verknüpft zum Glück leserlich und nachvollziehbar moderne Quantenphysik und meine Lebenswirklichkeit. Auf den Punkt gebracht, ist im Atomkern – nichts – außer Energie mit Information. Wenn allerdings ein forschendes, aufmerksames Auge dieses Feld betrachtet, entdeckt es kleine Teilchen. Diese zeigen sich also erst, wenn jemand etwas von ihnen will. Und das heißt, dass es unendlich viele Möglichkeiten gibt, die sich dann zu einem Ereignis in der Wirklichkeit zusammenfinden, wenn ein wollender und suchender Geist nach ihnen Ausschau hält. Dispenza lädt in seinem Buch ein, dieses Potenzial anzuzapfen. Er möchte mich also zu einer besseren Beobachterin meiner Zukunft werden lassen. An dieser Stelle verknoten sich ein paar Gehirnwindungen in meinem Verstand, weil es ist doch viel Theorie. Also wieder zurück in meine Lebenswirklichkeit.
Was ist, wenn der Mann Recht hat?
Also mal gesetzt den Fall, der Mann hätte Recht?! Was heißt das für mein Leben? Das, was ich in meinem tiefsten Inneren wirklich erwarte, wird sich zeigen! Was erwarte ich denn in meinem tiefsten Inneren wirklich? Worauf richtet sich meine Energie? Was sind meine Absichten? Welche Überzeugungen leiten mich? Was – wenn der Mann Recht hat – schicke ich also ohnehin dauernd und ständig in das Quantenfeld voller Möglichkeiten?
Höchste Zeit, die Liste der eigenen inneren Überzeugungssätze einmal hervorzukramen. Eigentlich halte ich mich nicht für soooo… beschränkt. Aber als ich anfange, mir die ein oder andere meiner inneren Überzeugungen einmal genauer anzuschauen – erkenne ich mit Schrecken, wie begrenzt sie sind. Ok, denke ich mir: Vier Wochen… Der Selbstversuch startet.
Anleitung für den Selbstversuch
Zum Glück ist Dispenzas Buch ein Arbeitsbuch. Denn Übung macht die Meisterin. Die Aufgabe für die erste Woche ist einfach: Ich höre mir einmal am Tag eine geführte Selbsthypnose an, eine sogenannte „Körperinduktion“. Die habe ich mir schnell aufgesprochen. Es geht um die Wahrnehmung meines Körpers im Raum. Damit soll ich von den Frontallappen umschalten auf einen anderen Gehirnteil, das Cerebellum. Dort sitzt der Lagesinn des Körpers. Und der denkt nicht, sondern er spürt. Außerdem läuft er auf anderen Gehirnwellen als der wache, aufmerksame Verstand.
Ich baue erste neue neuronale Netzwerke
Ich mag immer sehr, wenn mir Leute erklären können, was ich tun soll. Und zwar so, dass ich das verstehe. Meditationen mache ich schon lange. Dispenza leitet jeden Schritt, den ich tun soll, aus der Logik ab, wie das Gehirn arbeitet. Meinem Verstand hilft das sehr, sich auf das Experiment einzulassen.
Was ich also mit der Induktionsübung mache, ist eine Vorbereitung für die späteren Meditationen. Das wiederholte Üben legt ein neues neuronales Netzwerk im Gehirn an. Während der Übung fahren die Gehirnwellen herunter. Dadurch kommen wir in Kontakt mit dem Körper und dem Unbewussten, wo wir später die Veränderung erreichen wollen.
Die Anleitungen zwingen uns zum Fühlen und Spüren, und das wiederum schaltet den analytischen Verstand aus. D.h. wir denken weniger, wenn wir die Aufmerksamkeit bewusst auf bestimmte Körperteile lenken. Und wenn wir die Aufmerksamkeit breiter machen, z.B. auf den Körper als Ganzen und seine Umgebung, dann wechseln wir in den Fokus einer breiten, stillen Aufmerksamkeit. Und in dieser Qualität der Aufmerksamkeit können sich die Gehirnwellen wunderbar synchronisieren und ordnen. Das kann ein Gehirnscan messen, aber das kann man an der eigenen größeren Klarheit und Fokussiertheit auch selber spüren. Na, denn los!
Selbstversuch Woche 1: Körperteil-Induktion
Mit jeder dieser kleinen Übungen schalte ich jeden Tag einmal gezielt und bewusst um in einen anderen internen Modus. Natürlich fühlt sich das sofort anders an: „… ich spüre meine Lippen im Raum…“ Ja, dort, wo die Lippen sind, kribbelt es, wenn ich sie mir vorstelle. Obwohl ich nicht dahin gucken kann, weiß ich haargenau, wo meine Lippen sind! Faszinierend, wie anders die Wahrnehmung ist!
Und so bin ich allein ob dieser kleinen Wahrnehmungsübung froh mit dem Buch und freue mich tatsächlich jeden Tag von Woche 1 auf dieses bewusste Umschalten. Außerdem verläuft es nie gleich. Meine Wahrnehmung vom Raum „um meinen Körper herum“ fühlt sich mal sehr komisch an. Mal spüre ich, welche Körperwärme mein Körper abgibt. So von außen habe ich mich noch nicht so oft be“fühlt“, sollte ich wohl sagen. Aber auch hier weiß ich ganz genau über die Abgrenzungen meines Körpers im Raum Bescheid. Was sind wir doch für ein Wunderwerk, wir Menschen!
Selbstversuch Woche 2: Weiter üben!
So, nun habe ich einen kleinen Anfang, der mir Freude macht und den ich in mein Leben einbauen kann. Ich brauche auch nicht zu hetzen, denn die vier Wochen sind nicht so ernst gemeint. Ich darf mir meine eigene Zeit für jeden Schritt nehmen – Hauptsache ich tue ihn. Bevor ich zum nächsten Schritt übergehe, werde ich auf jeden Fall auch noch die zweite Vorbereitungsübung ausprobieren, nämlich die des „aufsteigenden Wassers“. Das kann ich mir sehr entspannt vorstellen. Allerdings beschleicht mich ein mulmiges Gefühl, wie sich das wohl anfühlen wird, wenn Mund und Nase im Wasser versinken werden. Wie soll ich dann Luft kriegen? Damit also beschäftigt sich mein wacher Verstand schon mal. Ich erkenne darin, wie meine Routine, sich Sorgen über die Zukunft zu machen, anspringt. Diese Sorge kann ich aber ganz gut beruhigen, und so wird die Entdeckungsreise in eine neue Runde gehen.
Selbstversuch Woche 3: Ab ins Wasser!
Die zweite Induktion lässt den Körper Schritt für Schritt in warmem Wasser versinken. Ja, kann ich mir alles gut vorstellen. Erinnerungen kommen hoch und bringen Körperempfindungen mit. Langsam in der Badewanne einsinken… Dann kommt die Schlüsselstelle: Das Wasser steigt über Mund und Nase. Was jetzt wohl passiert? Werde ich Beklemmungen bekommen? Werde ich innerlich aussteigen? Nix da! In diesem Moment formt sich in mir ein Bild, dass ich Kiemen habe. Rechts und links an meinen Seiten… Durch die kann ich ganz locker das Wasser in mich hineinpumpen, den Sauerstoff rausholen. Ich muss lachen bei dieser Vorstellung, die mir mein kreatives Gehirn schenkt. In den folgenden Tagen bekomme ich unterschiedliche Bilder geschenkt, wie ich unter Wasser Luft bekomme. Irgendwann ist das alles dann kein Thema mehr.
Diese Übung schenkt mir einen Moment, der mich auch im Alltag begleitet: Wenn ich ganz im Wasser versinke, dann bin ich wirklich vom Rest abgetrennt, der mich sonst umgibt. Es ist wie eine Membran. Das drinnen ist mein Raum. Alles andere ist draußen. Es gibt manche Tage, wo mir die Außenwelt mit all ihren Aktivitäten und Anforderungen sehr dicht auf der Pelle sitzt. So, dass ich mich kaum auf diese kleine Meditation konzentrieren kann. Aber immer, wenn diese Stelle kommt, macht es wie „Plop!“ und ich bin losgelöst davon. Das allein ist ein Geschenk, das ich nicht mehr missen möchte.
So langsam werde ich wirklich neugierig auf das, was noch kommt.
Selbstversuch Woche 8…. Ich möchte es nicht mehr missen…
Was ist passiert? Die Meditation gehört für mich inzwischen zum Alltag. Es gibt kaum einen Tag ohne sie. Und es gibt Veränderungen, vor allem in meiner Aufmerksamkeit. Ich bekomme viel schneller mit, wenn zum Beispiel Muster von Selbstabwertung anspringen oder sich schlechte Laune anschleicht. Ich habe gelernt, dann sofort zu reagieren. Und es hilft. Es fällt mir auf diese Weise leichter, aus dem alten Automatismus auszusteigen.
Die Meditation verläuft in festgelegten Schritten, die ich nach und nach gelernt und eingeübt habe. Dadurch habe ich schnell Routine gewonnen, was ich machen soll und wie. Der letzte große Schritt ist, den Gedanken eine positive Absicht zu geben und es macht mir große Freude, mir Positives vorzustellen und quasi mit Gedankenkraft einen Wunsch in die Welt zu schicken. Das ist jedenfalls viel besser als zu Grübeln und im Negativen zu verharren. Auf diese Weise lerne ich, sehr viel bewusster mit meinen Gedanken umzugehen. So „gedankenverloren“ wie früher wandern die auf jeden Fall nicht mehr in meinem Kopf herum. Denn das führt, so lehrt nun die Erfahrung und Beobachtung, sehr schnell in altes Kopfkino. Nun habe ich gelernt, dieses abzustellen. Dann ist einfach mal nichts los in meinem Kopfkino… Heute keine Vorstellung… Es ist der Hammer, wie entspannt sich das anfühlt!
Die Antwort aus dem Quantenfeld
Auf das letzte Mysterium warte ich noch. Das ist, wenn sich mir „die Antwort aus dem Quantenfeld“ in überraschenden Ereignissen zeigt. Sobald das eintritt, melde ich mich. Bis dahin hat sich der Preis fürs Buch auf jeden Fall gelohnt.
Am Stil sollte es nicht scheitern…
Neulich habe ich das Buch weiterempfohlen. Es kam aber nicht gut an. Der Stil, in dem es geschrieben ist, war zu abschreckend. Ich verstehe, was gemeint ist. Es wird sehr dick aufgetragen. In den Beispielen wird quasi der Tellerwäscher zum Millionär, Kranke heilen sich selbst, und dank dieser Methode wird die universale Macht angezapft. Wie gesagt, auf letztere warte ich noch.
Ich bin aber bereits dankbar mit dem, was mir begegnet ist:
- eine fundierte Methode, aus alten neuronalen Netzwerken auszusteigen
- ein Lernweg, um neue, bessere neuronale Netzwerke anzulegen und zu pflegen
- sehr gutes Gehirnfutter, um zu verstehen, wie Gedanken, Gefühle und Körper zusammenspielen, um die alten Muster aufrechtzuerhalten
- gut verständliche Informationen über das Zusammenspiel von Bewusstem und Unbewusstem und um Wege, das Unbewusste anzusprechen und zu verändern
- eine sehr gute Erklärung, was es mit dem andauernden Stresszustand, dem „Überlebensmodus“, auf sich hat, und welche Konsequenzen das für unser Wohlbefinden und Menschsein hat
- eine sehr verständliche Einführung in Gehirnwellenmuster und wie ich selber für ein besseres Zusammenspiel meiner Gehirnteile sorgen kann. (So entdeckte ich die brainwaves…)
Ein neues Ich?
Mein bisheriges Fazit ist dieses. Neu bin ich nicht, aber ein bisschen runderneuert schon. Das freut mich sehr und ich bin dankbar für den Versuch, nach dem vieles anders ist als vorher. Und der weitergeht.
Das Buch, um das es geht
Das ist der Ansatz: Joe Dispenza, Ein neues Ich. Wie Sie Ihre gewohnte Persönlichkeit in vier Wochen wandeln können ; [Praxisbuch], 8. Auflage, Burgrain 2017.
Wer ist noch im Selbstversuch mit Dispenza?
Vielleicht sind andere auch auf der Reise mit diesem Buch. Interessant wäre ein Austausch über die Erfahrungen. Wer Lust darauf hat, erreicht mich hier.
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