Was bis hierher besonders hilfreich war…
…und was ich gerne weitergeben möchte!
Zeit, Danke zu sagen und Gutes zu teilen
Es ist noch ein bisschen hin bis Ostern. Das hier ist mein kleiner Fastenzeit-Beitrag. Denn das ist meine Interpretation von Fastenzeit. Eine Zeit des Innehaltens. Und wenn wir dabei feststellen, wieviel Gutes wir doch geschenkt bekommen haben, ist es doch auch gut, wenn wir Gutes mit anderen teilen. Dafür nutze ich jetzt die Fastenzeit. Hier habe ich vier Stationen, bei denen man innehalten kann. Jedesmal steckt eines meiner schönsten Geschenke aus meiner bisherigen Praxis drin.
Station 1: Aussteigen aus dem Kopfkino
Herrin meiner Gedanken werden: das positive Gegenbild zum Horrorszenario
Es war auf einer langen Autofahrt zu einem schwierigen Termin. Irgendwann registrierte ich mein inneres Kopfkino. Es malte mir die Stimmung auf, die mich erwarten würde: schwer, belastet, trübsinnig, destruktiv.
Ich bemerkte meinen starren Blick, die Enge in der Brust, den flachen Atem, den Knoten im Bauch. Na prima!
Da schoss mir durch den Kopf: STOPP! Sofort alle Gedanken auf Halt! Entwerfe Dein Gegenbild! Wenn Du auch auf nichts anderes Einfluss hast, was in der Zukunft passiert – die Gedanken, die Du Dir machst, sind Deine!
Kraft in den positiven Entwurf geben
Also entwarf ich eine positive Stimmung, die mich erwarten würde: aufgeräumt, gelassen, friedlich, zuversichtlich. Ich malte mir aus, wie ich mich darauf freuen würde, DORTHIN zu fahren. Tatsächlich! Das gefiel mir viel besser. Ich bekam sogar Freude daran, dieses Bild immer weiter auszumalen. Und ich merkte auf einmal: ich konnte wieder durchatmen. Ein kleines Lächeln hatte sich auf meinem Gesicht breit gemacht. Au ja! Da würde ich gerne hinfahren wollen.
Was für Trauma hilft, hilft bei Stress allemal!
Diese kleine Übung hatte ich aus einem Traumaseminar mitgebracht. Und siehe – ein positives Gegenbild hilft auch bei dem ganz üblichen Alltagsstress. Es wird in der Literatur zur Traumabearbeitung oft beschrieben. Mir wurde es in dieser Fortbildung als eine unter vielen praktischen Übungen mit auf den Weg gegeben. Seit meiner eigenen Erfahrung ist diese kleine Übung schon in viele Beratungen eingeflossen. Denn das Kopfkino in andauernden Stresssituationen ist für viele ein Thema.
Muss ich noch dazu sagen, wie es dann tatsächlich war, als ich dort ankam? Dreimal dürfen Sie raten!
Zwei Trauma-Expertinnen haben mich mit dem Gegenbild beschenkt: Frau Dr. Brigitte Bosse und Frau Dr. Marion Koll-Krüsmann. Damals, im Seminar „Hilfe für Helfende“ im Dezember 2017 in Mainz. Für alles, was sie mir mitgaben, möchte ich mich hier und heute bedanken und sagen: Ja, es trägt Früchte.
Station 2: Das Strudelwürmchen
Endlich Verstand und Bauch verstehen!
Ich habe mir vorgenommen, fit zu bleiben und regelmäßig Sport zu machen. Es ist Sommer und schön warm. Die Tasche ist gepackt, das Training in den Tagesablauf eingeplant.
Eigentlich muss ich jetzt los, aber ich habe keine Lust. Mein Bauch macht gerade „grrmpf“. Er hat so gar keine Lust. Überhaupt keine Lust! Jetzt könnte ich mich unter großer Kraftanstrengung und voll diszipliniert auf den Weg machen.
Aber Halt! Ich habe doch gerade gelesen, dass ein unmotiviertes Bauchgefühl eine wichtige Botschaft enthält. Mein „Bauch“ ist das „Strudelwürmchen“ und ich habe gelernt, dass es nicht gut ist, es zu zwingen, wenn es gerade „grrmpf“ macht.
Was noch viel besser ist: Ich habe ein Buch über das Strudelwürmchen, das mir erklärt, wie ich mit ihm sprechen kann. Den Dialog von damals erspare ich Ihnen jetzt. Aber den Moment werde ich nicht vergessen, als sich mein Bauch in seinem Anliegen verstanden fühlte und zum Training flitzte!
Seitdem hat das folgende Buch nicht nur meinen Weg begleitet. Es ist so amüsant, nachvollziehbar und leicht verständlich geschrieben, dass es mir eine Freude ist, es immer wieder weiter zu empfehlen. Und es funktioniert!
Tiefe Einsichten locker dargeboten
Maja Storch hat die Gabe, tiefe Einsichten auf einfache Weise zu schildern. Da sie eine Psychologin ist, die eng mit Hirnforschern zusammenarbeitet, fließt dieses neue Wissen in ihre Bücher ein. Das „Bauchgefühl“ wird ja gerne ein bisschen abgetan – oder aber man schwört drauf. Dieses Buch erklärt, auf welchen Wissensspeicher das Bauchgefühl tatsächlich zurückgreift. Und warum es nicht „spricht“, sondern sich mehr über den Körper ausdrückt.
Verstand und Bauch nutzen lernen
Verstand und Bauch funktionieren nicht nur völlig anders. Sie greifen auch auf verschiedenes Wissen in uns zurück. Das können wir nutzen. Dafür müssen wir lernen, die „grmpf“-Sprache des Bauches zu übersetzen. Eine treffliche Anleitung dazu bietet dieses Buch.
Last minute unter dem Weihnachtsbaum und heißen Dank an die Autorin: Maja Storch, Machen Sie doch, was Sie wollen! Wie ein Strudelwurm den Weg zu Zufriedenheit und Freiheit zeigt, 2., unveränderte Aufllage, Bern 2016.
Station 3: Das Innere Familiensystem
Im Sommer 2014 habe ich ein Buch aufgeschlagen und angefangen, darin zu lesen. Es hat vom ersten Moment meine Welt verändert. Vor allem meine innere Welt. Es hat das Chaos innerer Stimmen geordnet. Es hat mich zur Dirigentin meines inneren Panik-Orchesters gemacht. Nicht nur das Buch, aber mit ihm begann alles. Drei Dinge daraus möchte ich heute hier teilen:
- Sobald sich schlechte Laune anschleicht, dann weiß ich, das ist eine innere Stimme, und ich selber bin aber mehr als nur sie. Selbst wenn sie laut brüllt und gerade alles übertönt.
- In mir gibt es immer eine innere Instanz, die in der Lage ist, mit dieser Stimme wohlwollend und respektvoll zu sprechen – und die als Autorität des inneren Orchesters anerkannt ist. Ich weiß, dass sie da ist, auch wenn ich manchmal nicht sofort Zugang zu ihr habe. Das Wissen allein hilft schon viel.
- Alle meine inneren Stimmen – und sei es auch noch so böse, was sie zu anderen oder zu mir sagen – wollen etwas Gutes für mich. Das kann ich herausfinden und würdigen. Dann beginnen die inneren Stimmen, sich in das Gesamtorchester einzufügen. Darauf kann ich vertrauen, ich habe es inzwischen immer und immer wieder erlebt.
Mein Dank gilt daher dem Verfasser dieses Buches: Jay Earley, Meine innere Welt verstehen. Selbsttherapie mit Persönlichkeitsanteilen, München 2014. Es ist ein Selbsthilfebuch im besten Sinne des Wortes. Wie ich bereits andernorts schrieb: Das Beste, was mir je über den Weg lief.
Station 4: Ein Geheimnis wird gelüftet
Warum tiefes langsames Atmen hilft, sich selber zu beruhigen
Irgendwie wissen wir ja alle, dass es in stressigen Zeiten gut ist, mal „tief durchzuatmen“. Mal hilft’s, mal weniger. Ich verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis. Ich weiß inzwischen, warum es gut ist, tief durchzuatmen. Und seit ich die Zusammenhänge verstanden habe, klappt es besser.
Offenbar macht es einen wichtigen Unterschied, wenn ich einfach was glauben muss. Oder wenn auch mein Verstand es nachvollziehen kann. Also. Ich verrate Ihnen, was ich über diesen Zusammenhang herausgefunden habe.
- Unser Körper reguliert sich in der Regel selber. Unbewusst. Wir müssen nichts dazu tun, nichts machen. Wenn er sich runterfahren will, dann beruhigt er das autonome Nervensystem – und dieses das Gehirn, in dem gerade der Stress durchdreht.
- Hier kommt der Atem ins Spiel. Der Ausatem aktiviert das Beruhigungssystem.
- Hier kommen wir und unser Bewusstsein ins Spiel. „Die Atmung ist eine der wenigen Körperfunktionen, die sowohl bewusst gesteuert als auch autonom funktionieren kann“, schreibt Bessel van der Kolk.
- Sprich: Inden wir die Atmung beeinflussen, helfen wir unserem Körper, sich zu beruhigen!
Aus dem Buch von Bessel van der Kolk habe ich auch diese klitzeklitzekleine Übung. Dieser Mann hat als Traumaforscher und Arzt viele Menschen durch dunkelste Täler begleitet. Er weiß, wovon er spricht.
Die Übung geht so:
Lernen, ruhig zu atmen, auch in konfrontativen Situationen
- Die Aufmerksamkeit auf den Atem richten und langsam lange ausatmen.
- Beim Ausatmen bleiben bis Schluss ist.
- Ein bisschen weiter innehalten vor dem nächsten Einatmen.
- Einatmen…und mit der Vorstellung verbinden, wie frische Energie in den Körper einströmt und ihn mit allem versorgt, was das Leben braucht.
- …. ruhig und lange Ausatmen bis zum Tiefpunkt – warten – einatmen…
Ermutigende Nachrichten aus der Traumaforschung
Das Buch von Bessel van der Kolk lag Monate lang bei mir rum. Der Titel schreckte mich ab: „Verkörperter Schrecken“… Nagut, es gehört zur empfohlenen Literatur, also fing ich an zu lesen...
… und hörte nicht mehr auf. So mitreißend, aufbauend, hoffnungsvoll ist es geschrieben. Vor allem spricht eine tiefe Mitmenschlichkeit, ein unendliches Mitgefühl aus ihm. Abgesehen davon erklärt es neueste Erkenntnisse der Hirnforschung auf eine auch für Laien verständliche Weise.
Wenn Sie nachlesen möchten: Die kleine Übung finden Sie auf der Seite 248. Das Buch heißt: Bessel A. van der Kolk, Verkörperter Schrecken. Traumaspuren in Gehirn, Geist und Körper und wie man sie heilen kann, 3. Auflage, Lichtenau Westf. 2016.
Sich im Herzen anderer Menschen wissen
Von Bessel van der Kolk ist auch der Gedanke, mit dem ich diesen Adventskalender schließen möchte. „Unserer Fähigkeit zu vernichten entspricht unsere Fähigkeit, einander zu heilen.“ (S. 52)
Es kommt noch besser. Denn im menschlichen Miteinander können wir selber dabei sehr viel Gutes bewirken. Van der Kolk schreibt dazu: „Soziale Unterstützung ist nicht das gleiche, wie einfach nur mit anderen Menschen zusammen zu sein. Der entscheidende Aspekt ist die Reziprozität: dass wir uns von den Menschen in unserer Umgebung wirklich gehört und gesehen fühlen, dass wir das Gefühl haben, ein anderer Mensch bewahrt uns in seiner Seele und in seinem Herzen.“
Dies zu erleben, das wünsche ich Ihnen allen von Herzen!
Und das nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern auch im Neuen Jahr 2019.
Fastenzeit: Zeit, danke zu sagen
Bedanken möchte ich mich bei meinen Kunden und Kundinnen, die ich bis hierher auf ihren unterschiedlichen Wegen begleiten durfte. Ihre Herausforderungen spornen mich an, nach wirksamer Unterstützung zu suchen.
Bedanken möchte ich mit bei den Teilnehmern und Teilnehmerinnen meiner Veranstaltungen. Die „Gespräche in der Stube“ sind für mich immer anregend und lehrreich.
Bedanken möchte ich mich bei meinen Kolleginnen und Ausbilderinnen. Eure fachlich-kollegiale Begleitung stützt und stärkt mich. Eure supervisorische und lehrende Orientierung hält mich auf Spur UND verleiht mir Flügel, meine eigenen Kreise zu ziehen.
Tja, hätte gar nicht gedacht, wie viel Spaß es macht, Danke zu sagen!
Und wenn es neue Stationen gibt, dann werden auch die hier präsentiert. Versprochen!
Wer Neuigkeiten nicht verpassen will oder weitere Infos zu Veranstaltungen oder meiner Arbeit will, schreibt eine Mail und lässt sich in den eMail-Verteiler aufnehmen.
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